Die Individualpsychologie ist eine tiefenpsychologische und analytisch orientierte Therapie- und Beratungsform. Mit Tiefe ist dabei gemeint, dass sich die Individualpsychologie mit den unterhalb der Oberfläche liegenden Prozessen, also den unbewussten Konflikten, auseinandersetzt. Der Name „Individualpsychologie“ leitet sich vom Lateinischen „individuus“ für unteilbar ab und meint damit, dass Körper, Geist und Seele eine Einheit, ein Ganzes bilden und nicht von einander trennbar sind.
Alfred Adler, der Begründer der Individualpsychologie, ging davon aus, dass jeder Mensch seine drei Lebensaufgaben in Arbeit, Liebe & Partnerschaft und Gemeinschaft zu erfüllen habe. Diese drei Säulen des Menschseins halten und stützen sich gleichzeitig aber auch gegen- und wechselseitig.
Von seiner Geburt an trachtet der Mensch danach sein, subjektiv empfundenes Gefühl von Minderwertigkeit, zu kompensieren. Darin liegt der Motor für unser aller Entwicklung begründet, auch wenn "Kompensation" gemeinhin negativ beschrieben und aufgefasst wird. Nur dann, wenn sich kompensatorische Verhaltensweisen, durch das Ausbilden eines Minderwertigkeitskomplexes, in ein Streben nach Macht umwandeln, im Versuch andere zu unterdrücken, mutiert gleichsam die Kompensation in eine Überkompensation, in etwa Destruktives.
Wie sieht die Individualpsychologie den Menschen?
Adler und die Individualpsychologie sehen den Mensch als ein in die Zukunft gerichtetes Wesen. Somit steht in der Therapie weniger das Warum als vielmehr das Wozu im Vordergrund, also wohin ein bestimmtes Verhalten oder Handeln führen soll. Der Patient oder Klient stellt sich sohin nicht nur die Frage was die Ursache seines Leidens ist, sondern welchem Zweck dies dienen mag, also welches Ziel damit (unbewusst) verfolgt wird. Selbst wenn unser Denken oftmals von einem Ursache-Wirkung Zusammenhang geprägt ist, so liegt im Verständnis individualpsychologischer Behandlung und Beratung Ziel und Zweck von Verhaltungsweisen im Fokus. Menschen sind soziale Wesen und leben in einer gegenseitigen Bezogenheit und in der Therapie lässt sich die frühkindlich entwickelte Leitlinie, eine Art unbewusster Lebensplan, bewusst machen und infolge dessen bearbeiten. Symptome sind meist der Ausdruck von überlebensnotwendigen Sicherungstendenzen, um Unaussprechliches, Quälendes, Leidvolles zu überdecken. Die gemeinsam mit dem Therapeuten geschaffene Bewusstmachung des Unbewussten, die Wiedererinnerung und die Durcharbeitung, ist geeignet eine langfristige Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen und durch das Lösen von inneren Konflikten zu einer Heilung zu gelangen.